Geschichte der DGSKA
Vorläufer der heutigen DGSKA war die 1929 gegründete Gesellschaft für Völkerkunde – wie das Fach früher oft neben der Bezeichnung „Ethnologie“ benannt wurde. Zu jener Zeit existierten im deutschsprachigen Raum an größeren Fach-Gesellschaften die Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte, die Deutsche Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte und die Anthropologische Gesellschaft in Wien. Daneben fanden sich an vielen Orten kleinere Vereine oder Gesellschaften, die sich, häufig auch populärwissenschaftlich, ethnologischen Themen widmeten. Institutionell wurde die Disziplin überwiegend an Museen für Völkerkunde repräsentiert, die es in vielen größeren Städten schon seit einigen Jahrzehnten gab. An den Universitäten gab es in unterschiedlichen Fachbereichen Lehrveranstaltungen zur Ethnologie, vereinzelt auch ao. Professuren für Ethnologie. Das Lehrpersonal bestand in der Regel aus Direktoren[i] oder Mitarbeitern eines Museums für Völkerkunde. Bis 1929 waren lediglich zwei universitäre fachspezifische Institute eingerichtet worden: das 1914 als Ethnographisches Seminar gegründete Ethnologisch-Anthropologische Institut in Leipzig und das 1928 etablierte Institut für Völkerkunde in Wien. Außerdem war aus dem 1898 von Leo Frobenius (1873–1938) errichteten Afrika-Archiv 1920 das unabhängige Forschungsinstitut für Kulturmorphologie hervorgegangen, das 1925 von München nach Frankfurt gezogen war.
* Dieser Text berücksichtigt insbesondere Aspekte der Geschichte der DGSKA, die die Sprecherinnen und Sprecher der AG Museum und AG Fachgeschichte (Oliver Lueb, Karoline Noack, Katja Geisenhainer und Peter Rohrbacher) im Vorfeld gemeinsam zusammengetragen haben.
[i] Wenn nur die männliche Form verwendet wird, bedeutet dies, dass auch nur von Männern die Rede ist.
Die Gründung der Gesellschaft für Völkerkunde und die erste Tagung 1929
Im Oktober 1928 versandte Fritz Krause (1881–1963), Direktor des Museums für Völkerkunde zu Leipzig, einen ersten „Aufruf zur Gründung einer Gesellschaft für Völkerkunde“.
Im Jahr zuvor war gleichfalls in Leipzig das 1914 gegründete Ethnographische Seminar mit dem Stellenantritt des völkisch und rassistisch ausgerichteten Otto Reche (1879–1966) 1927 in ein Ethnologisch-Anthropologisches Institut umgewandelt worden. Wesentliches Ziel der neuzugründenden Gesellschaft sah Krause nun darin, die Völkerkunde aus der engen „Verbindung mit naturwissenschaftlichen Disziplinen, wie Zoologie, Geographie, physischer Anthropologie“ zu lösen und sie als eine Kulturwissenschaft und selbstständige Disziplin zu etablieren. Dies bedeutete einen wichtigen Schritt in der Geschichte der deutschsprachigen Ethnologie:
„Die Völkerkunde wird immer mehr zu einer Kulturwissenschaft, entfernt sich damit immer stärker von den Naturwissenschaften und nähert sich immer mehr den Geisteswissenschaften. […] Das Bedürfnis nach voller Selbständigkeit der Völkerkunde als Kulturwissenschaft mit gleichzeitiger Organisierung der Disziplin im Rahmen einer Gesellschaft ist nun schon seit langem fühlbar geworden und wurde allseits als dringend empfunden“.
„Aufgabe und Ziel“ der neuzugründenden Gesellschaft sollten sein:
„Pflege und Förderung der Wissenschaft der Völkerkunde in jeder Hinsicht, nämlich der allgemeinen Ethnologie wie der speziellen Ethnographie der einzelnen Erdgebiete mit Einschluß Europas und unter Berücksichtigung aller Zeitperioden. Und zwar unter Fühlungnahme mit den kulturwissenschaftlichen Nachbardisziplinen, wie Soziologie, vergleichender Religion-, Rechts- und Sprachwissenschaft, Völkerpsychologie u.a.“
Krause zufolge hatten bereits nahezu 100 Ethnologen und Ethnologinnen[1] und ihren Beitritt angemeldet. Einen zweiten, gleichlautenden „Aufruf zur Gründung einer Gesellschaft für Völkerkunde“ im März 1929 unterschrieben bereits 30 Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und England. Die Gesellschaft für Völkerkunde war also von Beginn an international angelegt. Da zu diesem Zeitpunkt das Fach überwiegend von Museumspersonal vertreten wurde, handelte es sich auch bei den Unterzeichnenden mehrheitlich um Museumsdirektoren und -Angestellte.[2]
Bereits am 28. September 1929 war eine Mitgliederliste der Gesellschaft für Völkerkunde mit mehr als 150 Namen von Männern und Frauen aus dem In- und Ausland erstellt worden. Der Gesellschaft für Völkerkunde gelang es, namhafte Mitglieder aus dem eigenen Fach auch im Ausland zu gewinnen, darunter Franz Boas (1858–1942), Edward E. Evans-Pritchard (1902–1973), Robert H. Lowie (1883–1957), Erland Nordenskiöld (1877–1932), bis November 1932 auch der aus politischen Gründen 1931 zunächst in die USA emigrierte Paul Kirchhoff (1900–1972) sowie Alfred Louis Kroeber (1876–1960) und Alfred Métraux (1902–1963); darüber hinaus traten Gelehrte aus anderen Disziplinen der Gesellschaft bei.[3]
Als Gründungsdatum der Gesellschaft für Völkerkunde gilt der 1. Oktober 1929, der Tag der konstituierenden Sitzung. Den Vorstand der Gesellschaft übernahm Krause, zweiter Vorsitzender wurde F. Rudolf Lehmann (1887–1969), als Schriftführer fungierte Hans Damm (1895–1972). Krause hatte im Vorfeld der konstituierenden Sitzung einen Fragebogen als „Grundlage zur Aussprache über das Thema: ‘Völkerkunde als selbständige Wissenschaft‘“ versandt. Die über zwei Tage anhaltenden Diskussionen der Tagungsteilnehmer zu diesem Thema sowie über das Verhältnis der Völkerkunde zu anderen Disziplinen, ermöglichen einen Eindruck von der Vielfältigkeit der damaligen Ansätze und Theorien innerhalb des Faches.[4]
Im Anschluss an diese Diskussionen berichteten drei Kollegen, die gerade von ihren „völkerkundliche[n] Forschungsreisen“ zurückgekehrt waren, über ihre Studien.[5] Als Egon Freiherr von Eickstedt (1892–1965) „über Verlauf und Arbeiten der Deutschen Indien–Expedition 1926–1929“ und in diesem Rahmen „über einige völkerkundliche und rassenkundliche Arbeiten“ sprach, wobei seiner „fachlichen Hauptstellung entsprechend die Rassenkunde im Vordergrund“ stand,[6] zeigte sich deutlich, dass nicht alle dem Ansinnen von Krause folgten, die Völkerkunde von den naturwissenschaftlichen Fächern, insbesondere von der physischen Anthropologie zu lösen. Franz Termer (1894–1968) hingegen, der von einem dreieinhalb Jahre andauernden Aufenthalt in Guatemala zurückgekehrt war, legte seinen Schwerpunkt auf die „[a]rchäologischen Studien und Beobachtungen“,[7] während der Bericht von Paul Germann (1884–1966) „über die Leipziger Liberia-Expedition 1928/29“ dem Anspruch einer damals geläufigen Vorstellung von einer Monographie in reduzierter Form entsprach: Komprimiert erläuterte er die geographischen Begebenheiten, die Bevölkerungsgruppen und ihre Beziehungen zueinander, die politischen Verhältnisse und das Wirtschaftsleben sowie die Geheimbünde im „Hinterland der Republik Liberia“. Sein Bericht weist auch auf die häufig skrupellosen Bemühungen hin, den Anforderungen der Geldgeber zu genügen: Germann brachte für das „anthropologische Institut der Universität Leipzig […] Haarproben und Handabdrücke“ mit und konnte nur „nach langen heimlichen Verhandlungen“ Gegenstände des Geheimbundes erwerben und schließlich eine Sammlung zusammenstellen, die nach seinen Angaben „auch den gesamten übrigen Kulturbesitz“ umfasste.[8]
Die Gesellschaft für Völkerkunde gab nun die 1869 gegründete Zeitschrift für Ethnologie gemeinsam mit der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte heraus, die sie bis dahin alleinige Herausgeberin war.[9]
Im Gründungsjahr der Gesellschaft für Völkerkunde trat Karl Sapper (1866–1945) mit der Deutschen Amerikanisten-Vereinigung als Amerikanistische Fachgruppe in die Gesellschaft für Völkerkunde über.[10] Rolf Herzog (1919–2006) zufolge wurden Anträge abgelehnt, das Attribut „Deutsch“ im Namen der Gesellschaft aufzunehmen.[11] Die gesamte Mitgliederzahl der Gesellschaft für Völkerkunde stieg bis 1933 auf mehr als 180 Personen an. Weitere Tagungen waren jedoch vorerst aus finanziellen Gründen nicht möglich.
[1] Da in der Liste nicht immer die Vornamen genannt sind, lässt sich die Anzahl von Frauen zum Zeitpunkt der Gründung nicht zuverlässig nennen. Es waren insgesamt wohl kaum mehr als zehn.
[2] Universitätsarchiv Leipzig (UAL), IEUL, Re VI; „Aufruf zur Gründung einer Gesellschaft für Völkerkunde“, März 1929.
[3] UAL, IEUL, Re VI; „Mitglieder-Verzeichnis nach dem Stand vom 28. September 1929“ und Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Völkerkunde 1 (Januar 1933): 1–2.
[4] Gesellschaft für Völkerkunde. Bericht über die I. Tagung 1929 in Leipzig. Leipzig 1930: 1–62.
[5] Gesellschaft für Völkerkunde (Hg.), Tagungsberichte der Gesellschaft für Völkerkunde. Bericht über die I. Tagung 1929 in Leipzig. Leipzig 1930: 63–110.
[6] Egon Freiherr von Eickstedt: Überblick über Verlauf und Arbeiten der Deutschen Indien–Expedition 1926–1929. In: Gesellschaft für Völkerkunde (Hg.), Tagungsberichte der Gesellschaft für Völkerkunde. Bericht über die I. Tagung 1929 in Leipzig. Leipzig 1930: 63–84, hier 63–64.
[7] Franz Termer: Archäologische Studien und Beobachtungen in Guatemala in den Jahren 1925–1929. In: Gesellschaft für Völkerkunde (Hg.), Tagungsberichte der Gesellschaft für Völkerkunde. Bericht über die I. Tagung 1929 in Leipzig. Leipzig 1930: 86–102.
[8] Paul Germann: Bericht über die Leipziger Liberia-Expedition 1928/29. In: Gesellschaft für Völkerkunde (Hg.), Tagungsberichte der Gesellschaft für Völkerkunde. Bericht über die I. Tagung 1929 in Leipzig. Leipzig 1930: 103–110, hier 110.
[9] Markus Schindlbeck: 150 Jahre Zeitschrift für Ethnologie. In: Zeitschrift für Ethnologie 144 (2019): 13–50.
[10] Universitätsarchiv Wien 131.104.03.10 (Deutsche Amerikanisten-Vereinigung) und Rolf Herzog: Die ersten zwanzig Jahre der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde 1929–49. Manuskript o.D.: 5. (https://www.dgska.de/wp-content/uploads/2016/09/Herzog_DGV-Mitteilungen_1982.pdf).
[11] Herzog: Die ersten zwanzig Jahre …o.D.: 5.
Die Gesellschaft für Völkerkunde unter nationalsozialistischem Regime
Seit Januar 1933 erschien das „Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Völkerkunde“ mit Beiträgen aus dem Fach bis 1935 zweimal im Jahr, sodann einmal jährlich 1936, 1938, 1939, 1940 und 1942. Als im Januar 1934 die dritte Nummer erschien, waren in Deutschland die Nationalsozialisten seit einem Jahr an der Macht. Gleich zu Beginn des „Mitteilungsblattes“, teilte der Vorstand mit, dass er sich aufgrund der „Neuordnung der Verhältnisse in Deutschland […] vor die Frage“ gestellt sähe „in welcher Weise die Völkerkunde an dem weiteren kulturellen und geistigen Aufbau in Deutschland theoretisch wie praktisch mitwirken kann“.[1]
Es folgt auf derselben Seite die anbiedernde „programmatische Denkschrift“, die Fritz Krause bereits im Vorjahr fertiggestellt hatte und mit der er „die Aufmerksamkeit der Behörden […] auf die Notwendigkeit“ hinlenken wollte, „den volksbildenden und volkserziehenden Wert der Völkerkunde bei Neuaufbau unseres Volkslebens nutzbar zu machen“. Hierfür müsste der „Völkerkunde an den Hochschulen und Volksbildungsanstalten“ die entsprechende Stellung eingeräumt werden.[2] Unter der Überschrift „Die Bedeutung der Völkerkunde für das neue Deutschland“[3] zeigte Krause vielfältige Optionen auf, wie das Fach unter nationalsozialistischer Regierung etwa bei der „Schaffung eines neuen deutschen Volkstums mit neuer harmonischer Struktur“ dienlich sein könne.[4] Krause, der sich 1933 auch auf internationaler Ebene für die Trennung der Ethnologie von der physischen Anthropologie engagierte,[5] nannte in dieser Schrift die „Anthropologie (Rassenkunde)“ unter den „Hilfswissenschaften“ an erster Stelle, bediente sich jedoch allgemein „vor allem kulturwissenschaftlicher, nicht rassenkundlicher Begründung“.[6]
Unter dem NS-Regime verfolgte Mitglieder
Für den konkreten Ausschluss von Mitgliedern während der Zeit des NS-Regimes liegen bislang keine Belege vor. Vielmehr werden auf einer Mitgliederliste, die offensichtlich zwischen 1938 und 1940 erstellt wurde, auch Personen genannt, die unter dem NS-Regime verfolgt wurden: Hierzu zählen Anna Berliner (1888–1977, 1938 Emigration in die USA), Theodor Danzel (1886–1954, 1933 Entlassung, 1934 allerdings vorerst aus der Gesellschaft ausgetreten), Walter Eisen (1896–1980, 1939 Emigration nach England), Eduard Erkes (1891–1958, 1933 Berufsverbot), Wilhelm Koppers (1886–1961, 1938 Entlassung in Wien und Emigration von einem Indienaufenthalt 1939 nach Rom, dann in die Schweiz), Paul Leser (1899–1984, 1933 Entlassung, 1936 Emigration zunächst nach Schweden, dann in die USA), Wilhelm Schmidt (1868–1954, 1938 Verhaftung in Wien, 1938 Emigration zunächst nach Rom, dann in die Schweiz), Georg Steindorff (1861–1951, 1939 Emigration in die USA) und Alfred Vierkandt (1867–1953, 1934 Vorlesungsverbot). Darüber hinaus erscheint unter den Namen, die vermutlich wegen des Mitglieds-Beitrags „im August 1938 nochmals durch eingeschriebenen Brief gemahnt wurden“, auch der 1936 aus Leipzig in die Türkei geflohene Wolfram Eberhard (1909–1989).[7]
Weitere Personen, die in dieser Liste nicht mehr erwähnt werden, jedoch nach den Verzeichnissen von 1932/33 Mitglied der Gesellschaft für Völkerkunde waren und Opfer des NS-Regimes wurden, waren Robert Heine-Geldern (1885–1968, 1938 Emigration von Wien in die USA), Erich Moritz von Hornbostel (1877–1935, 1933 Entlassung, Emigration zunächst in die Schweiz, dann in die USA und schließlich nach England), Herbert Kühn (1895–1980, 1935 Entlassung), Otto Maenchen-Helfen (1894–1969, 1933 Emigration von Berlin nach Wien und 1938 in die USA), Paul Rivet (1876–1958, 1942 Emigration aus dem deutschbesetzten Frankreich nach Kolumbien), Ludwig Scherman (1864–1946, 1933 Zwangspensionierung, 1939 Emigration in die USA), Bruno Schindler (1882–1964, 1933 Emigration nach England), Marianne Schmidl (1890–1942, 1938 Entlassung in Wien, Tod im KZ), Ernst Vatter (1888–1948, 1937 Zwangspensionierung, 1939 Emigration nach Chile), Dominik Wölfel (1988–1963, 1939 in Wien zwangspensioniert). Julius Lips (1895–1950), der 1933 emigrierte, war bereits 1932 aufgrund von Konflikten aus der Gesellschaft für Völkerkunde ausgetreten, nicht zuletzt, weil Fritz Krause im Rahmen der Plagiatsvorwürfe gegen Lips dem Ehrenrat angehörte, obwohl Lips sich gegen Krauses Beteiligung ausgesprochen hatte.
Die 2. Tagung der Gesellschaft für Völkerkunde 1936 – „besonders bedeutungsvoll für kolonialpolitische Fragen“
Am 13. und 14. Oktober 1936 fand die zweite Tagung der Gesellschaft für Völkerkunde mit 80 Teilnehmenden statt. Tagungsort war erneut Leipzig. Das Thema der Eröffnungssitzung, das, so Krause in seiner Eröffnungsrede, „eine Aussprache über ein wichtiges Thema bringt“, weist deutlich auf das kolonialrevisionistische Engagement innerhalb des Faches zu jener Zeit hin: „Wir haben das Thema ‚Europäer und Eingeborene‘ (Probleme des europäischen Kultureinflusses) gewählt, als besonders bedeutungsvoll für kolonialpolitische Fragen“.[8] Indem sich die Völkerkunde nun in Erweiterung ihres bisherigen Arbeitsfeldes den Fragen widme, „die wichtig sind als Voraussetzungen für eine in jeder Hinsicht erfolgreiche Eingeborenenpolitik und Missionsarbeit“, sei sie „zu einer lebensnahen Wissenschaft geworden“.[9] Diese erste Sitzung war mit sechs Referaten die längste Versammlung auf der Tagung.
Es folgte eine „Orientalistensitzung“ zwecks „Fühlungnahme der Völkerkunde mit der Orientalistik“. In einer weiteren Sitzung wurden verschiedene Vorträge zu „Einzelfragen“ gehalten. Die vierte und mit zwei Beiträgen kürzeste Sitzung galt „Museumsfragen“.[10] Auf der Mitgliederversammlung wurde Franz Termer (1894–1968) als neuer Vorsitzender, Arthur Byhan (1872–1946) als stellvertretender Vorsitzender und Herbert Tischner (1906–1984) als Schriftführer gewählt. Weitere Tagungen fanden unter dem NS-Regime nicht mehr statt.
1938 – Umbenennung in „Deutsche Gesellschaft für Völkerkunde“ und Gründung der Fachgruppe „Südsee“
Der sogenannte Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wirkte sich auch auf die Gesellschaft für Völkerkunde aus. War bei der Gründung noch bewusst auf den Zusatz „Deutsch“ verzichtet worden, so sollte nun die Gesellschaft umbenannt werden. Termer bat die Mitglieder um Stellungnahme:
„Nachdem der Anschluss von Österreich an das Deutsche Reich vollzogen worden ist, steht auch unsere Gesellschaft für Völkerkunde vor neuen Aufgaben im geeinten Grossdeutschland. Ich nehme dies zum Anlass, unsere Gesellschaft den veränderten Verhältnissen anzupassen und schlage daher vor, sie neu zu benennen als Deutsche Gesellschaft für Völkerkunde.“[11]
Offensichtlich gab es keine nennenswerten Einwände, und die Gesellschaft trug fortan bis zur nächsten Umbenennung im Jahr 2017 diesen Namen.
Neben der Amerikanistischen Fachgruppe entstand nun innerhalb der DGV eine Fachgruppe „Südsee“: 1938 rief F. Rudolf Lehmann zu einer solchen Fachgruppe auf. Neben Lehmann selbst bekundeten gleich zu Beginn Otto Bunzendahl, Hans Damm, Georg Eckert (1912–1974), Oswald Erdmann-Müller (1889–?), Henri Théodore Fischer (1901–1976), Georg Friederici (1866–1947), Georg Höltker (1895–1976), Hubert Kroll (1901–1940), Stephan Lehner (1877–1947), Wilhelm Emil Mühlmann (1904–1988), Hans Nevermann (1902–1982), Karl Sapper und Herbert Tischner (1906–1984) ihr Interesse an der Fachgruppe Südsee“.[12] Dies bedeutete keineswegs, dass in der Gesellschaft nicht auch Forschungen in anderen Kontinenten Berücksichtigung fanden, wie schon die Vorträge auf ersten Tagung zeigten; zur Gründung von Arbeits- und Regionalgruppen, wie es sie heute in der Gesellschaft gibt, kam es jedoch erst viele Jahre nach dem Krieg.
Weiteres kolonialrevisionistisches Engagement
Gab es schon auf der zweiten Tagung der Gesellschaft für Völkerkunde eine explizite Ausrichtung auf koloniale Belange, wurde der Wunsch unter den Fachvertretern und -vertreterinnen zunehmend stärker, sich in diesem Sinne grundlegend einzubringen. Die Wiederaneignung der deutschen Kolonien schien ihnen mit Beginn des Zweiten Weltkrieges und nach der Besetzung der Nordhälfte Frankreichs, Belgiens und der Niederlande durch die Deutschen im Sommer 1940 in greifbarer Nähe. Wiederholt strichen sie ihre Kompetenz auf diesem Gebiet heraus, mit der Aussicht auf Aufwertung ihres Faches und auf Subventionen ihrer Forschungen sowie oftmals auch in der Hoffnung auf Unabkömmlichkeitsstellung, d.h. auf Freistellung vom Wehrdienst. Sowohl Fritz Krause als auch Hans Plischke aus Göttingen wollten die Völkerkundler gemeinsam auf eine Linie im Engagement für die Kolonialpolitik bringen. Plischke konnte in diesem Sinne Termer für seine Idee gewinnen, eine „Arbeitszusammenkunft deutscher Völkerkundler“ einzuberufen, die schließlich am 22. und 23. November 1940 in Göttingen stattfand. Fast 30 Herren waren anwesend, darunter auch Vertreter des Reichserziehungsministeriums, des NS-Dozentenbundes und des Leiters der „Arbeitsgemeinschaft für den Kriegseinsatzes der Geisteswissenschaften“, Paul Ritterbusch (1900–1945).[13]
Die (Deutsche) Gesellschaft für Völkerkunde hatte von Beginn an auch Kritiker, wie z.B. Otto Reche und Georg Thilenius (1868–1937), die etwa an einer engen Verbindung mit der physischen Anthropologie festhalten wollten oder sich einen „strafferen Zusammenschluss“ wünschten.[14] Auf der „Arbeitszusammenkunft deutscher Völkerkundler“ wurde auch diskutiert, ob die Gesellschaft für Völkerkunde weiter bestehen sollte oder „unter Aufrechterhaltung der Tradition besser eine Neuformung zu begrüßen wäre“, etwa in Einrichtung eines „Deutschen Ethnologentages“.[15] Im Kontext kolonialrevisionistischen Bestrebens kamen in der folgenden Zeit wiederholt Ethnologen und Ethnologinnen zusammen; es wurde jedoch weder ein „Deutscher Ethnologentag“ gegründet, noch die DGV aufgelöst. Während des Krieges musste das Erscheinen der Zeitschrift für Ethnologie eingestellt werden. Mit der Ausgabe von 1942 (Nr. 74) erschien der vorerst letzte Band.
[1] Mitteilungen des Vorstandes. In: Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Völkerkunde 3 (Januar 1934): 1.
[2] UAL, Phil. Fak. B1/14, 11, Bd. 1; Krause, Oktober 1933, an die Philosophische Fakultät der Universität Leipzig.
[3] Krause: Die Bedeutung der Völkerkunde für das neue Deutschland. In: Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Völkerkunde 3 (Januar 1934): 1–12.
[4] Krause: Die Bedeutung … 1934: 10.
[5] Katja Geisenhainer: „...unsere Gesellschaft den veränderten Verhältnissen anzupassen...“. In: Christoph Antweiler, Michi Knecht, Ehler Voss und Martin Zillinger (Hg.), boasblog papers 1. What's in a name – Die Kontroverse um die Umbenennung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde? Bonn u.a.: 2019: 45–50.
[6] Carola Lentz und Silja Thomas: Miszellen der Ethnologiegeschichte. Die Deutsche Gesellschaft für Völkerkunde. Geschichte und aktuelle Herausforderungen. In: Zeitschrift für Ethnologie 140 (2015): 225–253, hier 230 (https://www.dgska.de/wp-content/uploads/2016/09/Carola_Lentz__Silja_Thomas_ZfE_140_2015_S.225-253.pdf#).
[7] Frobenius Institut (FI), DGV; D.G.f.V., 1. Ordner, 1959–1961, „Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde“ o.D.
[8] Krause: Begrüßungsansprache des Vorsitzenden. In: Gesellschaft für Völkerkunde (Hg.), Tagungsberichte der Gesellschaft für Völkerkunde. Bericht über die II. Tagung 1936 in Leipzig. Leipzig 1937: 1–3, hier: 2.
[9] Krause: Europäer und Eingeborene (Probleme des europäischen Kultureinflusses). Zur Einführung. In: Gesellschaft für Völkerkunde (Hg.), Tagungsberichte der Gesellschaft für Völkerkunde. Bericht über die II. Tagung 1936 in Leipzig. Leipzig 1937: 6–11.
[10] Gesellschaft für Völkerkunde (Hg.), Tagungsberichte der Gesellschaft für Völkerkunde. Bericht über die II. Tagung 1936 in Leipzig. Leipzig 1937 [11] UAL, Ethnologie, Re XIII; Termer, o.D., „[a]n die Mitglieder der Gesellschaft für Völkerkunde“; Herv. im Orig.
[12] F.R. Lehmann: „Fachgruppe Südsee“ der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde. In: Mitteilungsblatt der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde 9 (1939): 72.
[13] Vgl. Hermann Blome: Bericht über die Arbeitszusammenkunft deutscher Völkerkundler in Göttingen am 22. und 23. November 1940. Göttingen 1941: 7; Hermann Blome: Koloniale Ausrichtung der deutschen Völkerkunde. Bericht über eine kolonialwissenschaftliche Arbeitszusammenkunft deutscher Völkerkundler in Göttingen. In: Koloniale Rundschau 32 (1941): 124–127. Siehe auch Katja Geisenhainer: Netzwerke der Völkerkunde zwischen Wien und dem „Altreich“ 1938–1945. In: A. Gingrich, P. Rohrbacher (Hg.), Völkerkunde zur NS-Zeit aus Wien (1938–1945). Institutionen, Biographien und Praktiken in Netzwerken 2. Wien 2021: 743–850, hier 809–816; Frank-Rutger Hausmann: „Deutsche Geisteswissenschaft“ im Zweiten Weltkrieg. Die „Aktion Ritterbusch“ (1940–1945). 3. erw. Aufl. Heidelberg.
[14] Blome: Bericht über die Arbeitszusammenkunft… 1941: 26.
[15] Blome: Bericht über die Arbeitszusammenkunft… 1941: 27.
Die Nachkriegszeit
Nach Ende des Krieges traten Karin Hissink (1907–1981), A.E. Jensen (1899–1965) und Hermann Trimborn (1901–1986) im Sommer 1946 an Franz Termer mit der Idee heran, „bald einmal sämtliche greifbaren Ethnologen zu einer Tagung zu vereinen“,[1] und im September 1946 nahmen schließlich rund 35 deutsche Ethnologinnen und Ethnologen mit Einwilligung der jeweiligen Besatzungsmacht an der Frankfurter Tagung teil. Sie galt nicht als DGV-Tagung, sondern diente zunächst einmal als erstes Fachtreffen und einer Bestandsaufnahme über Institute, Museen und Gesellschaften sowie über potenzielle Arbeitsmöglichkeiten. Eine Reflektion über das eigene Verhalten oder das anderer Ethnologinnen und Ethnologen in den vergangenen Jahren im NS-Staat fand zwar ansatzweise in Briefen, jedoch öffentlich weder auf dieser Tagung noch in den nächsten Jahren statt. Selbst Emil Wilhelm Mühlmann, von dem Termer kurz zuvor noch gesagt hatte, dieser habe „immer sich als Nazi gebärdet“[2], war anwesend und hielt sogar einen Vortrag über „Die heutige Situation der Naturvölker“.[3] Im Hinblick auf die jüngste Vergangenheit verkündeten die Anwesenden, sich aus politischen Belangen herausgehalten zu haben und betonten nun die Bedeutung und Sinnhaftigkeit der Völkerkunde als völkerverbindende, vorurteilsfreie und friedenstiftende Disziplin. Eine entsprechende „Öffentliche Erklärung“ wurde formuliert.[4] Termer fungierte in der folgenden Zeit als Interimsvorsitzender der DGV.
Von der ersten Nachkriegstagung 1947 bis zur DGV-Tagung 1969
Die erste Tagung der DGV nach dem Krieg fand im September 1947 in Hamburg statt. Unter den Anwesenden befanden sich auch Kollegen aus der SBZ, wie Danckert[5] aus Ilmenau, Erich Podach (1894–1967) aus Berlin und Trefzger aus Dresden, die alle drei Vorträge hielten. Der gleichfalls anwesende Egon Freiherr von Eickstedt aus Leipzig, einer der prominenten „Rassen“-Theoretiker, wechselte kurz drauf von Leipzig nach Mainz, und auch Podach verließ die SBZ und ging 1948 vorerst nach Paris. Wie schon in Frankfurt wurde auf dieser Tagung erneut betont, wie wichtig es im Sinne der Völkerverständigung sei, die Ethnologie verstärkt in der Schul- und Erwachsenenbildung einzubringen. Darüber hinaus spiegeln die Referate die damals klassischen ethnologischen Themen wider, wie etwa die Beiträge zu „Zauberhandlungen“ und religionsethnologischen Phänomenen, zu materieller Kultur und dies oft unter kulturhistorischen Aspekten und verbunden mit konkreten Fragen z.B. zu „Wirtschaft und Krieg“, oder auch die Referate zu musikethnologischen Fragen. Es wurden sowohl außereuropäische als auch europäische und gegenwärtige wie historische Komplexe erläutert. Die thematischen Schwerpunkte sollten sich auch in den nächsten mehr als zwanzig Jahren kaum ändern. Anders als in den Jahren zuvor wurde zwar nicht mehr eine (kolonial-)politische Bedeutung der ethnologischen Forschung betont. Dennoch, so formulierte es Fritz Kramer 2016, hatte es das Fach „versäumt, sich den rassistischen und kolonialistischen Verirrungen der Vergangenheit zu stellen, die anhaltende Praxis des Sammelns von Artefakten und Fakten zu überdenken und die, die so erforscht werden sollten, als Zeitgenossen wahrzunehmen.“[6] Diese erste Tagung schloss mit „Fachsitzungen der Afrikanisten, Amerikanisten und Ozeanisten“. Auf der Mitgliederversammlung wurde Termer erneut zum Vorsitzenden der DGV gewählt.[7]
Vom 30. Juli bis zum 1. August 1949 wurde die erste DGV-Tagung in der neugegründeten Bundesrepublik (noch vor Gründung der DDR) in Mainz durchgeführt. Erstmals seit Kriegsende waren wieder Kollegen aus Österreich dabei und etwa mit Paul Leser ein vor den Nationalsozialisten geflohener Ethnologe.[8] Laut Trimborn spiegelte „die Erdteilgebundene Thematik der Referate den heutigen Standpunkt der Völkerkunde, vor einer neuen weltumfassenden Synthese die Kulturgeschichte größerer Teilräume zu erarbeiten. […] In sachlicher Hinsicht standen also Probleme der Entwicklung und der geistigen Struktur der primitiveren Menschheit im Vordergrund“. Außerdem wurde in der Mitgliederversammlung „die eingeschlagene Selbständigkeit gegenüber der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft betont.“[9] Auf Vorschlag Termers wurde der Österreicher Pater Wilhelm Schmidt 1949 als erstes Ehrenmitglied der DGV der Nachkriegsphase ernannt.[10]
1950 erschien zum ersten Mal nach dem Krieg wieder die Zeitschrift für Ethnologie, die bis 1964 lediglich von der DGV herausgegeben wurde. Anschließend beteiligte sich wieder die Berliner Gesellschaft für Ethnologie, Anthropologie und Urgeschichte.
Auf der Tagung im April 1952 in Köln unter dem Vorsitz von Jensen wurden sowohl „die Beziehung der Völkerkunde zu einigen ihrer Nachbarwissenschaften“ diskutiert als auch Vorträge „zur allgemeinen und regionalen Völkerkunde“ gehalten und erörtert. Im Bericht wird zudem erwähnt, es sei zum „erstenmal seit dem Kriege […] auch wieder über die Forschungstätigkeit deutscher Ethnologen in Übersee berichtet“ worden. Jensen sprach im Rautenstrauch-Joest-Museum über seine Abessinien-Reise. „Aus Anlaß der Tagung wurden im Museum, das im Kriege schwere Schaden erlitten hatte, die ersten neuhergerichteten Schausäle mit ausgewählten Stücken der afrikanischen, ozeanischen, indonesischen und amerikanischen Sammlungen der Öffentlichkeit wieder übergeben“.[11]
Im Anschluss an die nächste Tagung im Juni 1954 in Bremen wurde der „turnusmäßige Wechsel des Vorsitzenden“ beschlossen. Jensens Nachfolger wurde Martin Heydrich (1889–1958), der trotz Mitgliedschaften in zahlreichen NS-Organisationen 1948 entnazifiziert worden war und wieder seine Ämter hatte einnehmen können.[12]
Als im Oktober 1957 die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in Berlin stattfand, stand auf dem Programm auch der Besuch der „Ostmuseen“. Die „Gäste aus der Ostzone“ sollten kostenfrei an der Tagung teilnehmen. Dies entspräche „dem Usus“.[13] Hans Damm aus Leipzig regte auf der Tagung jedoch an, die Mitglieder aus der DDR sollten einen Beitrag entrichten, der auf einem „Sperrkonto“ für eine etwaige spätere Tagung in der DDR zu Verfügung stehen könnte.[14] Warum, abgesehen von den Vorträgen des 1933 nach Paris emigrierten Henri Lehmann (1905–1991) sowie der Wiener Ethnologinnen Etta Becker-Donner (1911–1975) und Käthe Hye-Kerkdal (1893–1961), nur westdeutsche Ethnologinnen und Ethnologen referierten, müsste noch geklärt werden. Zu den Tagungs-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern zählten außerdem auch Vertreter der UNESCO, die von ihrer Arbeit berichteten.[15] In diesem Kontext ging es auch um die „‘Anwendung‘ der ethnologischen Wissenschaft“, erneut auch im Hinblick auf den Schulunterricht. Der Verfasser eines Tagungsberichtes, Wolfgang Schoene, kritisierte ausführlich den zunehmenden Einsatz von Technik bei Vorträgen und dass durch die Abdunkelung der Räume eine schnellere Ermüdung im Auditorium eintrete.
Unter den Anwesenden befanden sich nicht nur Fachgelehrte auch Österreich, sondern auch aus der Schweiz.[16] In den nächsten Jahren nahmen immer mehr Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland teil, auch als Vortragende. 1965 zählte die DGV mehr als 200 Mitglieder, darunter auch Institutionen, wie insb. Museen; rund 25 Mitglieder kamen aus Österreich und der Schweiz und eine ähnliche Anzahl aus dem nichtdeutschsprachigen Ausland.
Gemeinsame Tagungen der österreichischen und deutschen Fachverbände
Auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in Berlin 1957 hatte Josef Haekel (1907–1973) aus Wien angeregt, „einmal eine gemeinsame Tagung der deutschen und österreichischen Ethnologen zu veranstalten“.[17] Dem wurde in den kommenden Jahren regelmäßig entsprochen, wenngleich im Anschluss an die gemeinsame Tagung der DGV – einschließlich der Kolleginnen und Kollegen aus der DDR – und der Anthropologischen Gesellschaft in Wien, die 1959 in Stuttgart stattfand, Haekel Bedenken über weitere gemeinsame Tagungen geäußert hatte. In Österreich sei man der Meinung, bei der Planung hinsichtlich der Themen nicht gefragt worden zu sein. Künftig wollten sie lieber nur „als Gäste der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde“ erscheinen.[18] Diese Unstimmigkeiten schienen jedoch bis zur nächsten Tagung bereinigt. Gemeinsam wurde sie 1961 in Freiburg i. Br. und in Basel ausgerichtet. An der Tagung im Jahr 1963 in Heidelberg beteiligte sich zusätzlich die Österreichische Ethnologische Gesellschaft (ehemals Österreichische Ethnologische Expeditions- und Forschungsgesellschaft), die ihren Sitz im Wiener Museum für Völkerkunde hatte. Auf dieser Tagung wurde der Antrag auf Namensänderung in „Gesellschaft für Ethnologie“ abgelehnt.[19] Die Dreier-Konstellation – DGV, Anthropologische Gesellschaft in Wien und Österreichische Ethnologische Gesellschaft – kam in den folgenden Jahren wiederholt zusammen. 1965 fand die Tagung erstmals in Wien statt. Das Programm war in aufeinanderfolgende thematische und regionale Fachsitzungen, in zwei Symposien zur „Historischen Ethnologie – heute“ und einer Festsitzung anlässlich des 80. Geburtstags für Heine-Geldern gegliedert. Auffallend ist, dass auf dieser Tagung in Wien eine eigene „Fachsitzung: Physische Anthropologie“ stattfand, in der selbst der während der NS-Zeit aktive „Rassenbiologe“ Friedrich Keiter (1906–1967) einen Vortrag halten konnte.[20] Bislang ist nicht bekannt, dass es in späteren Jahren auf einer DGV-Tagung zu einer solche Fachsitzung zur physischen Anthropologie erneut gekommen ist. 1966 und 1969 richteten die drei Gesellschaften zusammen die Tagungen in Göttingen aus. Nach dieser letztgenannten Tagung sollten acht Jahre vergehen, bis 1977 wieder eine gemeinsame Tagung in Bad Homburg v.d.H. organisiert wurde, dann wieder 1981 in Münster/Westfalen, 1983 Freiburg/Breisgau und Basel, 1985 in Lübeck, 1987 in Köln, außerdem gemeinsam mit der BGAEU die Tagungen in den Jahren 1991 in München und 1993 in Leipzig. 2011 waren das Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien, das Institut für Sozialanthropologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und das Wiener Museum für Völkerkunde die gastgebenden Institutionen der DGV-Tagung in Wien.
Teilnahme aus der DDR
In der unmittelbaren Nachkriegszeit nahmen Kolleginnen und Kollegen aus der DDR regelmäßig an den DGV-Tagungen teil, darunter auch Nichtmitglieder, wie beispielsweise Eva Lips (1906–1988); aus welchen konkreten Gründen sie offenbar nicht zu den Vortragenden zählten, ist bislang ungeklärt. Wiederholt wurde in der DGV darauf geachtet, Ethnologinnen und Ethnologen aus der DDR finanziell zu entlasten, durch Aufhebung der Tagungsbeiträge, Subventionen bei den Unterkünften oder wie etwa im Fall des Tribus-Bandes, der die Referate der Tagung 1959 enthielt und den alle Mitgliedern in der DDR kostenfrei zugeschickt bekamen, da vermutet wurde, dass „es den Meisten Schwierigkeiten“ bereiten würde, „den Betrag von DM 15.-“ zu überweisen.[21]
In der Mitgliederliste von Juni 1952 werden 14 Namen als „Mitglieder in der Ostzone“ genannt: Herbert Bellmann (1903–1961), Dresden; Hans Damm (1895–1972), Markkleeberg; Dankert, Ilmenau; Erika Franke (1913–?), Leipzig; der bereits verstorbene Eduard Erkes, Leipzig; Johannes Gebbing (1874–1958), Leipzig; G. Henning, Grimma; Junker, Leipzig; Alfred Lehmann (1891–1955), Leipzig; Kurt Ludwig, Leipzig; Karl Magdung, Weimar; Hans Reissmann (1913–?), Leipzig; Bernhard Struck (1888–1971), Jena; Trefzger, Dresden. Fritz Krause aus Leipzig ist als Ehrenmitglied extra gelistet.[22]
Obwohl es durchaus einen fachlichen Austausch zwischen der DDR und der BRD gab[23], war mit dem Bau der Mauer 1961 diesen Mitgliedern die Teilnahme an den DGV-Tagungen extrem erschwert worden. Auf der Mitgliederliste vom Mai 1963 erscheinen auch nur noch fünf Mitglieder aus der DDR unter allen „deutschen Mitgliedern“: Hans Damm; Fritz Kiffner (1899–1969), Neu-Seddin; Fritz Krause, Leipzig; Karl Magdung, Weimar; Siegfried Wolf (1907–1986), außerdem die Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität.[24]
Im Vorfeld der Tagung im Jahr 1967 schrieb Eva Lips an Hans Rhotert (1900–1991):
„Zu meinem großen Schmerz habe ich bereits dem Anthropos-Institut mitteilen müssen, daß mein Kommen nicht möglich ist. Ich bitte Sie herzlich um Verständnis dafür. Glauben Sie mir, das Fernbleiben fällt mir sehr, sehr schwer. Hoffentlich wird mit einigen herzlichen Gedanken der Abwesenden gedacht werden.“[25]
Eine Teilnahme war ihnen auch 1969 in Göttingen nicht möglich. Erhard Schlesier (1926–2018) schickte nach der Göttinger Tagung einige Programme und Zusammenfassungen der Vorträge an den Direktor des Dresdner Museums, Siegfried Wolf und fügte hinzu:
„Die Mitgliederversammlung der DGV hat uns auch beauftragt, Sie und Ihre Kollegen am Orte sehr herzlich zu grüssen. Wir haben es alle lebhaft bedauert, dass wir unsere Kollegen aus der DDR nicht unter uns hatten.“[26]
Die Tagung der DGV in Göttingen 1969
Die Tagung der DGV im Jahr 1969 ist im Kontext der 68er-Bewegung und als Zäsur in der Geschichte der Gesellschaft zu betrachten. Zunächst einmal standen erneut verschiedene konventionelle Themen im Zentrum.[27] Bedeutend für diese Tagung war, dass sie „unter dem Zeichen der Auseinandersetzungen“ stand, wie es Sigrid Westphal-Hellbusch im Anschluss schrieb. Sie stellte denjenigen, „die sich zwar für eine erkenntniskritische aber unpolitische Wissenschaft einsetzten“, die „Studenten“ gegenüber, „die einen Umsturz alles Bestehenden anstreben“.[28] Jürgen Jensen merkte kritisch an, es habe in dem Symposium, das sich auch der „Frage der Verantwortung des Völkerkundlers gegenüber der Gesellschaft“ und dem „Problem der Abgrenzung und inhaltlichen Bestimmung der Völkerkunde/Ethnologie“ an „Zusammenhang und inhaltlicher Signifikanz“ gefehlt; „viele Beiträge waren monologhaft und wiederholten oft Gesagtes“. Es sei von einer „gegenwärtigen Krise“ gesprochen worden. „Von Seiten einer studentischen Gruppe wurde eine Inbeziehungsetzung der Ethnologie mit der von ihnen vertretenen ‚progressiven‘ weltanschaulichen Richtung und eine von da her [sic] verstandene Verantwortlichkeit des Wissenschaftlers gefordert – dies müsse der eigentliche Inhalt einer Standortbestimmung des Faches sein“. Des Weiteren schilderte auch Jensen die massiven Kontroversen und beklagte die „dogmatische Grundhaltung“ einer „linksorientierten Gruppe“.[29] Fritz Kramer (1941–2022) bezeichnete fast 50 Jahre später die Tagung als „Abschied von der Nachkriegsethnologie“ (so der Titel seines Beitrags), als „Zwischenfall im Prozeß des Umdenkens“[30], als eine Folge der „kollektiven Amnesie“, gegen die die jüngere Generation, die Studentinnen und Studenten aufbegehrten:
„wir, die Kinder der Nachkriegszeit, stießen allzu oft bei Erwachsenen, nicht zuletzt bei einigen unserer Lehrer auf ein spukhaftes Nachleben des NS, auf autoritäres, einschüchterndes Gehabe, auf eisiges Schweigen oder plötzliche, unkontrollierte Kundgebungen militaristischer und rassistischer Ideologie – eine Umwelt aus der wir unseren eigenen Weg finden mussten“.[31]
Während es etwa in der Soziologie oder Philosophie fachliche Verbindungen auch ins Ausland gab, sei die deutsche Ethnologie in ihrer „Weigerung, die lokalen Gesellschaften am Rand und in den Nischen der Kolonialreiche als Zeitgenossen zu erkennen“, stagniert. In dieser, auch das freie Denken blockierenden Atmosphäre hätten sich die Studierenden gegen das Schweigen und für den Protest entschieden. „Das beherrschende Thema der Tagung wurde der Genozid an indigenen Populationen Brasiliens“ und eine entsprechend zu verfassende Resolution.[32] Es sei dabei deutlich geworden, dass kaum jemand etwas zu diesem Komplex sagen konnte. Diese Debatten seien Teil des Abschieds vom „Topos des Primitiven“ gewesen.[33] „Die Auswirkungen des ‚Ethnologen-Spektakels‘ von Göttingen“, so der Zeitzeuge Ulrich Braukämper (1944–2018), „erwiesen sich in einigen fach- und personalbezogenen Bereichen als ungemein nachhaltig“.[34]
Wie die Aussagen von Zeitzeugen wie Kramer und Braukämper belegen, stand die Göttinger Tagung für die jüngere Generation der westdeutschen Nachkriegsethnologinnen und -ethnologen für die Öffnung und Hinwendung zu einer kritischen Wissenschaft; vielen der älteren Generation in der Ethnologie blieb diese Tagung indessen negativ im Gedächtnis. 1970 fand lediglich eine Mitgliederversammlung statt. Der Vorschlag des Vorsitzenden Ernst Wilhelm Müllers (1925–2013), zwei Vertreter des Mittelbaus für den Vorsitz der DGV kandidieren zu lassen, wurde abgelehnt.
1970 bis 1993: Neuorientierung
Es dauerte fast vier Jahre, bis wieder eine Tagung stattfand und dies auch nur mühevoll. Drei Themen sollten 1973 im Zentrum stehen, als die DGV allein in Bremen tagte: „Ethnologie und Materialismus, Fragen der Ausbildung in der Ethnologie, Ethnologie und Museum“. Jürgen Jensen resümierte über die zwei letzten Zusammenkünfte, 1969 und 1973:
„Es zeigt sich in beiden Tagungen, daß die Krise vieler Kultur- und Sozialwissenschaften der letzten Zeit in Deutschland, deren tiefere Ursachen in dem Bewußtwerden der Rückständigkeit der Wissenschaft in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg gegenüber dem internationalen Standard zu suchen ist, langsam überwunden wird. Diese Überwindung geschieht durch Bestandsaufnahmen, Berichte über laufende Arbeiten, Aussprachen über Institutionen – nicht mehr durch bloße Absichtserklärungen und nebulose Zielprojektionen“.[35]
Dieses Bestreben, eine „Rückständigkeit“ überwinden zu wollen, blieb auch in den nächsten Jahren ein Thema der Tagungen. Im Anschluss an die gemeinsame Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde, der Anthropologischen Gesellschaft in Wien und der Österreichischen Ethnologischen Gesellschaft in Bad Homburg v. d. H. im Jahr 1977 schrieb Jürgen Jensen, es sei versucht worden, „Ansätze für den Anschluß an die internationale Entwicklung im Sinne des Ausbaues zu einer breitangelegten Wissenschaft von der Kultur mit allen Konsequenzen hinsichtlich der praktischen Relevanz einer solchen Disziplin vorzulegen; verbunden wurde dieses Anliegen mit dem Vorschlag, für das Fach die Benennung ‚Kulturanthropologie‘ durchzusetzen“. Zum Bemühen um internationalen Anschluss gehörte auch, „eine Anzahl bekannter Fachvertreter aus anderen Ländern für einen Bericht über gegenwärtige Tendenzen jeweils in ihrem Land für das Symposium zu den internationalen Perspektiven zu gewinnen (D. Sperber: Frankreich; B. Bernardi: Italien; A. F. J. Koebben: Niederlande; F. Barth: Norwegen; I. A. Lewis: Großbritannien; F. W. Voget: USA).“[36]
Waren zur Gründungszeit der Gesellschaft für Völkerkunde den Umständen entsprechend überwiegend Museums-Direktoren und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vertreten, so hieß es auch 50 Jahre später über die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in Bad Homburg im Jahr 1979: „Unter den Arbeitsgruppen der DGV war wie immer die Museumsgruppe sehr aktiv. Sie befaßte sich mit den Problemen von Ausstellungskonzeptionen anhand von Berichten über neue Ausstellungen im In- und Ausland.“[37] Zwischen 1973 und 1990 gab die Arbeitsgruppe Museum einen eigenen Rundbrief „Museum, Information, Forschung“ (MIF) heraus.
Allerdings war die Zahl der Universitäts-Institute und auch die der Studierenden inzwischen rapide angewachsen. Dies wirkte sich auch auf die DGV und ihre Tagungen aus. Auf der Tagung in Freiburg und Basel im Jahr 1983 kamen 300 Teilnehmende zusammen. Die zwölf Workshops zu „Nomadismus in Afrika, Nordamerika, Evolutionstheorie, Museumspädagogik, Fälschungen ethnographischer Objekte, Altamerika, Asien, Afrika, Ethnomedizin, Ozeanien, Mittel- und Sudamerika, Praxis und didaktische Probleme des ethnographischen Films“ mussten in parallelen Sitzungen abgehalten werden[38] – ein Ablauf, der künftig zu einer Selbstverständlichkeit wurde. Die Tagungen boten nun außerdem auch dem wissenschaftlichen Nachwuchs eine Möglichkeit, die eigenen Arbeiten einem größeren Auditorium zu präsentieren.
Die „Wende“
Die „Wende“ in Deutschland brachte wieder neue Fragen und Herausforderungen auch für das Fach mit sich. 1990 wurde an der Humboldt-Universität mit der Gesellschaft für Ethnographie e. V. (GfE) eine neue deutsche Fach-Vereinigung gegründet, die sich „als übergreifende Plattform für die vielfältigen ethnologischen Fachdisziplinen und ihre genuinen Praxisfelder – von der Volks– und Völkerkunde über Europäische Ethnologie und Empirische Kulturwissenschaft bis zu den Cultural Studies“ versteht. „Die Entstehungszeit der Gesellschaft markiert auch einen historischen Einschnitt für die Fachgeschichte: Ethnolog/innen aus Ost und West treten in einen neuen Dialog“.[39]
Die erste Tagung nach der „Wende“ im Jahr 1991 in München, zu der die DGV, die Österreichische Ethnologische Gesellschaft, die Anthropologische Gesellschaft in Wien und die Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte eingeladen hatten, war für die Gesellschaft selbst und insbesondere für die nachfolgenden Auseinandersetzungen von Bedeutung. Der damalige Leiter des Leipziger Instituts für Ethnologie, Dietrich Treide konnte von 1991 bis 1993 den Vorsitz der DGV übernehmen, um „die Wiedervereinigung mit den Ethnologen in Ostdeutschland auch symbolisch zu untermauern“.[40] In dieser Zeit wurde jedoch auch heftig darüber diskutiert, wie mit etwaiger politischer Verstrickung von Kolleginnen und Kollegen aus der DDR und mit der öffentlichen Ausschreibung aller ostdeutschen Stellen umgegangen werden sollte. Ein Rundschreiben aus der AG Ethik, in dem sich deutlich gegen diese Ausschreibungen und entsprechende Bewerbungen geäußert wurde, forcierte die Grundsatzdiskussionen auch über die Rolle dieser AG. Dabei differierten die Standpunkte nicht ausschließlich zwischen Ost- und Westdeutschland, sondern die ehemalige Grenze übergreifend.[41]
1993 fand die DGV-Tagung nach vielen Jahrzehnten erstmals wieder, wie schon die Gründungstagung, in Leipzig statt. Auf der Tagung in Leipzig wurde auch die AG Geschichte der Ethnologie (heute AG Fachgeschichte) gegründet. Die Gründung spiegelte das zunehmende Bedürfnis wider, sich kritisch und im Detail mit der Fachgeschichte auseinanderzusetzen. Bereits 1989 hatte ein Treffen zum Thema „Ethnologie und Nationalsozialismus” stattgefunden. Neben der Positionierung von Fachvertreterinnen und -vertretern zum NS-Regime, ihrer Theorien und Methoden zählten auch die frühe Geschichte des Faches und das Verhältnis von Ethnologie und Kolonialismus zu den vorrangigen Themen.
[1] Archiv des Museums am Rothenbaum. Kulturen und Künste der Welt (MARKK-Archiv) 1, Nr. 1841; Jensen, 6. Juni 1946, an Termer.
[2] MARKK–Archiv 1, Nr. 1841; Termer, 13. Juli 1946, an Jensen
[3] Bericht über die Tagung der deutschen Ethnologen zu Frankfurt am Main vom 19. bis zum 21. September 1946. Hamburg 1947: 12 (https://www.dgska.de/wp-content/uploads/2016/09/Tagungsbericht_1946.pdf).
[4] Bericht über die Tagung der deutschen Ethnologen… 1947: 27–28.
[5] Sofern kein Vorname genannt ist, ist dieser bislang noch unbekannt.
[6] Fritz Kramer: Abschied von der Nachkriegsethnologie. Der Fall der DGV-Tagung 1969. In: Paideuma 62 (2016): 223–241, hier 230–231.
[7] Franz Termer: Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde“ vom 18. bis 22. September 1947 in Hamburg. In: Zeitschrift für Ethnologie 75 (1950): 110–114.
[8] Ernst-Wilhelm Müller: Reminiszenzen eines Betroffenen. In: Anna-Maria Brandtetter und Carola Lentz (Hg.), 60 Jahre Institut für Ethnologie und Afrikastudien. Ein Geburtstagsbuch. Köln: Rüdiger Köppe: 63–85.
[9] Hermann Trimborn: Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in Mainz. In: Erdkunde 3/ 4 (1949): 256.
[10] Lentz/Thomas: Miszellen der Ethnologiegeschichte… 2015: 240; Wilhelm Koppers: Professor Pater Wilhelm Schmidt †: Eine Würdigung seines wissenschaftlichen Lebenswerkes. In: Zeitschrift für Ethnologie 79 (1954): 243–253, hier 243.
[11] Hermann Niggemeyer: Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in Köln vom 17. bis 20. April 1952. In: Zeitschrift für Ethnologie 77 (1952): 270–271, hier 270.
[12] Tagung der „Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde”. In: Zeitschrift für Ethnologie 81 (1956): 124–125.
[13] FI DGV; Tagung Berlin Oktober 1957, Heydrich, 4. Oktober 1957, an Kurt Krieger (1920–2007).
[14] FI DGV; Tagung Berlin Oktober 1957, Protokoll der Mitgliederversammlung der Deutschen Gesellschaft Völkerkunde am 30. 10. 1957 in Berlin.
[15] FI DGV; Tagung Berlin Oktober 1957, Programm der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde vom 27. bis 31. Oktober 1957 in Berlin.
[16] Wolfgang Schoene: Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in Berlin 27. bis 31. Oktober 1957. In: Sociologus, NF 8/1 (1958): 76–78.
[17] Schoene: Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde…1958: 78.
[18] FI DGV; D.G.f.V., 1. Ordner, 1959-1961; Hans Rhotert, Aktenvermerk, 12.12.1959.
[19] FI DGV; DGV, Listen, Adressen, Rundschreiben; Rundschreiben der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde, 3.3.1964.
[20] FI DGV; DGV-Tagung 1969, Braukämper; Programm: Gemeinsame Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde, Anthropologischen Gesellschaft in Wien und der Oesterreichischen Ethnologischen Gesellschaft, Wien, 25. bis 30. Oktober 1965.
[21] FI DGV, D.G.f.V., 1. Ordner, 1959–1961; Rhotert, 2. November 1960, an Damm.
[22] FI DGV 0001; Mitgliederliste, Juni 1952.
[23] Mareile Flitsch and Karoline Noack: Museum, materielle Kultur und Universität. Überlegungen zur Parallelität und Zeitgenossenschaft der DDR/BRD-Ethnologie im Hinblick auf eine Standortbestimmung mit Zukunftsaussichten. In: Zeitschrift für Ethnologie 144 (2019): 163–198, hier 170–171.
[24] FI DGV, Mitgliederliste, Oktober 1965.
[25] FI DGV, DGV-Tagung 1967; Lips, 31. August 1967, an Rhotert.
[26] FI DGV; DGV-Tagung 1969, Braukämper; Schlesier, 15. Oktober 1969, an Wolf.
[27] FI DGV; DGV-Tagung 1969, Braukämper; Gemeinsame Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde e. V., der Anthropologischen Gesellschaft in Wien und der Österreichischen Ethnologischen Gesellschaft vom 6. bis 10. Oktober 1969 in Göttingen, Programm.
[28] Sigrid Westphal-Hellbusch: Bemerkungen zur Tagung. In: Sociologus 20/2 (1970): 74–76.
[29] Jürgen Jensen: Die gemeinsame Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde e. V., der Anthropologischen Gesellschaft in Wien und der Österreichischen Ethnologischen Gesellschaft (6.-10. Oktober 1966 [1969] in Göttingen). In: Sociologus NF. 20/1 (1970): 71–74.
[30] Kramer: Abschied von der Nachkriegsethnologie… 2016: 223.
[31] Kramer: Abschied von der Nachkriegsethnologie… 2016: 226.
[32] Kramer: Abschied von der Nachkriegsethnologie… 2016: 232.
[33] Kramer: Abschied von der Nachkriegsethnologie… 2016: 236.
[34] Ulrich Braukämper: Trauma einer Ethnologen-Generation? — Die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in Göttingen 1969. In: Zeitschrift für Ethnologie 127 (2002): 301–319, hier 302.
[35] Jürgen Jensen: Bericht über die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in Bremen (18.–22. 2. 1973) und die Tagung der Vereinigung von Afrikanisten in Deutschland in Dhaun/Nahe. In: Sociologus NF. 24/ 1 (1974): 65–69, hier 69.
[36] Jürgen Jensen: Die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde, der Anthropologischen Gesellschaft in Wien und der Österreichischen Ethnologischen Gesellschaft vom 3. – 7.10.1977 in Bad Homburg v. d. H. In: Sociologus,
NF. 28/2 (1978): 174–178, hier 174–175. [37] Jürgen Jensen: Die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde vom 1.–3.10.1979 in Bad Homburg v. d. H. In: Sociologus NF. 29/ 2 (1980): 181–185, hier 184.
[38] Aus der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde e.V. und aus der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte e.V. In: Zeitschrift für Ethnologie 109 (1984): 157–158.
[39] Homepage der Seite der GfE: http://www.gfe-online.org/. Siehe auch Flitsch/Noack: Museum, materielle Kultur und Universität 2019: 166.
[40] Lentz/Thomas: Miszellen der Ethnologiegeschichte… 2015: 249
[41] Siehe u.a. Flitsch/Noack: Museum, materielle Kultur und Universität 2019: 166–167; Lentz/Thomas: Miszellen der Ethnologiegeschichte… 2015: 248–249; Christian Pommerening: Der „Fall Treide“. Dokumentation einer Debatte. unveröfftl. 1993; FI DGV; DGV-Korrespondenz ab 1992.
Die jüngere Vergangenheit
An die erste Tagung im Jahr 1929 erinnernd sandte Josef Franz Thiel im Vorfeld der gemeinsamen Tagung der deutschen, österreichischen und Schweizer ethnologischen Fachverbände im Oktober 1995 in Wien eine Einladung an die Kollegschaft, ein Referat in einem Symposium „Worin sind wir anders?“ zu halten. In dieser ganztägigen Sitzung sollte es „um die Abgrenzung der Ethnologie zu ihren Nachbarfächern, aber auch um die Wesensbestimmung der Ethnologie selbst gehen“.[1] Die DGV hatte sich zu dieser Zeit hin zu einer Gesellschaft entwickelt, in der sich die Museen gegenüber den Universitäten zunehmend weniger vertreten sahen. Dank der AG Museum, die 2009 reaktiviert wurde, und der AG Materielle Kultur, gegründet 2012, ist diese Tendenz wieder rückläufig. Für die konkreten Forschungen innerhalb der Disziplin sind auch die Diskussionen um verbindliche Ethikrichtlinien von großer Bedeutung, die 2008 in der Frankfurter Ethikerklärung formuliert und in den folgenden Jahren weiter ausgearbeitet wurden. (https://www.dgska.de/dgska/ethik).
Auf der Tagung in Berlin im Jahr 2017 wurde in der Mitgliederversammlung die Umbenennung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in Deutsche Gesellschaft für Sozial- und Kulturanthropologie per Abstimmung beschlossen. Für die Mehrheit der Mitglieder war der Begriff „Völkerkunde“ negativ konnotiert und gab die Vielzahl der Arbeitsbereiche des Faches nicht mehr adäquat wieder. Andere lehnten jedoch die Begriffe Anthropologie und Sozialanthropologie ab, da sie im deutschsprachigen Raum mit physischer Anthropologie assoziiert und als historisch belastete Begriffe verstanden werden, und manche von ihnen plädierten daher für den Namen Deutsche Gesellschaft für Ethnologie; wieder andere äußerten die Befürchtung, dass durch eine Umbenennung eine kritische Auseinandersetzung mit der Fachgeschichte letztlich umgangen würde und wiesen unter anderem neben der berechtigten Kritik am Verhalten und an den Positionierungen vieler Fachgelehrter hinsichtlich Kolonialismus und Faschismus auf die positiven Facetten der Entwicklung des Faches „Völkerkunde“ und auf die Intentionen hin, die zur Gründung dieser Gesellschaft geführt hatten sowie auf diejenigen frühen Fachvertreterinnen und -vertreter, die sich gegen eurozentrische Sichtweisen, gegen paternalistisches und rassistisches Auftreten und für Multiperspektivität aussprachen.[2]
Die große Bandbreite an Schwerpunkten, über die die Disziplin heute verfügt (https://www.dgska.de/ueber-unsere-disziplin/), bildet sich in den Regional- und Arbeitsgruppen der DGSKA ab. Informationen über konkrete Aktivitäten der Gesellschaft allgemein, der Regional- und Arbeitsgruppen seit 2001 (https://www.dgska.de/dgska/mitteilungen-pdf-archiv/) sowie Berichte über die Tagungen seit 2005 (https://www.dgska.de/tagungen/) finden sich auf der Homepage der DGSKA. Sie spiegeln die jeweiligen Tendenzen, Wendungen und Debatten innerhalb des Faches wider.
Zitierweise
Geisenhainer, Katja, „Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Sozial- und Kulturanthropologie“ in: DGSKA, Geschichte, veröffentlicht am 21.7.2023, https://www.dgska.de/dgska/geschichte/
[1] Josef Franz Thiel: Worin sind wir anders? Standort und Grenzen der Ethnologie.
In: Zeitschrift für Ethnologie 122 (1997): 1–2. Einige der Referate finden sich im selben Band abgedruckt.
[2] Zu den Diskussionen rund um die Umbenennung siehe Christoph Antweiler, Michi Knecht, Ehler Voss und Martin Zillinger (Hg.), boasblog papers 1. What’s in a name – Die Kontroverse um die Umbenennung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde? Bonn u.a.: 2019; Hansjörg Dilger, Birgitt Röttger-Rössler und Olaf Zenker (Hg.), Umbenennung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde e.V. in Deutsche Gesellschaft für Sozial- und Kulturanthropologie e.V. am 6.10.2017 in Berlin. In: Zeitschrift für Ethnologie 142 (2017): 133–140.
Im Laufe der Jahre wurde vielen verdienstvollen Personen die Ehrenmitgliedschaft verliehen:
- Ursula Far-Hollender
- Hans Fischer †
- Peter Fuchs †
- Ulla Johansen †
- Mark Münzel
- Helga Rammow
- Erhard Schlesier †
- Gerd Spittler
- Josef Franz Thiel
- Carola Lentz
Auf dem von Prof. Dieter Haller (Ruhr-Universität-Bochum) und seinen Mitarbeiter_innen im Rahmen eines VW-Opus-Magnum-Projektes erstellten „Video Portal for the History of German Anthopology post 1945” lassen sich Interviews mit deutschen Ethnologen und Ethnologinnen einsehen, die die Geschichte der Fachvereinigung in den vergangenen Jahrzehnten entscheidend mitgeprägt haben.